Die Landtagsfraktionen von GRÜNEN und CDU haben heute einen Änderungsantrag zur Schließung der Notfallpraxen in den Landtag eingebracht. Nach Einschätzung der Abgeordneten Barbara SAEBEL (GRÜNE) ist dieser Antrag „ein Schritt in die richtige Richtung.“ Denn die Regierungsfraktionen machten damit deutlich, dass sie die Sorgen und Ängste in der Bevölkerung ernst nähmen. SAEBEL weiter: „Ich freue mich, dass die Regierungsfraktionen die Landesregierung und die KVBW nochmals eindeutig dazu auffordern, den Bedarfen der Menschen Rechnung zu tragen und Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere die befürchtete Überlastung der Notaufnahmen in den Krankenhäusern und der Rettungsdienste auch bei uns in der Region zu verhindern.“ Die Abgeordnete Saebel hatte die Pläne zur Schließung der Ettlinger Notfallpraxis seit Bekanntwerden immer wieder öffentlich kritisiert und auf die Folgen für die Gesundheitsversorgung in und um Ettlingen hingewiesen.
Der Änderungsantrag der Fraktionen von GRÜNEN und CDU fordert die KVBW nun u.a. zu einer Ertüchtigung der geplanten Ausweichstandorte, zu einer deutlichen Verbesserung der Erreichbarkeit der Rufnummer 116 117 sowie zu einer Stärkung des aufsuchenden ärztlichen Fahrdienstes zu den sprechstundenfreien Zeiten auf. Der Fahrdienst solle künftig so organisiert werden, dass er flächendeckend für mobilitätseingeschränkte Personen zur Verfügung stehe. Daneben werden auch die Kommunikation der KVBW und deren Transparenz von Entscheidungen kritisiert, die deutlich verbessert werden müsse. Die Landesregierung wird mit dem Antrag dazu aufgefordert, die Umsetzung des Struktur- und Standortskonzepts der KVBW für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst wie auch die Einhaltung des Erreichbarkeitsversprechens künftig engmaschig zu überprüfen. Außerdem solle sich die Landesregierung dafür einsetzen, die noch unter der Ampel-Regierung vorbereitete Notfallreform auf Bundesebene wieder aufzugreifen und hier schnellstmöglich ein Gesetzgebungsverfahren zu starten. Ebenso sollen auf Bundesebene die Bedarfsplanung an die demographische Entwicklung angepasst und der Sicherstellungsauftrag für den ärztlichen Bereitschaftsdienst inhaltlich präzisiert werden.
„An der grundsätzlichen Entscheidung der KVBW zur Schließung der betroffenen 18 Notfallpraxen ändert sich durch den Antrag aber leider nichts,“ kritisiert Abg. Barbara Saebel. Begründet wird dies laut Antrag mit dem Gestaltungsspielraum der KVBW als selbstverwalteter Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Sicherstellungsauftrags. Demnach hätten weder der Landesgesetzgeber noch die Landesregierung eine Möglichkeit, der KVBW konkrete Vorgaben zu machen, an welchen Orten und/oder entlang welcher Erreichbarkeitskriterien die Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes zu erfolgen habe. SAEBEL zeigt sich deshalb weiter enttäuscht darüber, dass „trotz aller Kritik eine ernsthafte Prüfung der individuellen Inanspruchnahme der einzelnen Bereitschaftspraxen offenbar bis heute nicht erfolgt ist. Hier hätte ich mir eine differenziertere Betrachtungsweise und mehr Flexibilität seitens der KVBW gewünscht, um gerade für gut laufende Praxen wie Ettlingen gemeinsam mit den betroffenen Kommunen nach tragfähigen Lösungen und ernsthaften Alternativen für eine Schließung zu suchen.“ Die Notfallpraxis in Ettlingen gilt als die am besten laufende unter den 18 zur Schließung vorgesehenen Bereitschaftspraxen im Land, in der lokalen Ärzteschaft bestand zuletzt zudem ein Interesse an einem Weiterbetrieb der Praxis.
Barbara Saebel bei der Demo im Herbst vor der KVBW Hintergrund:
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg plant eine Neustrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Baden-Württemberg. Als Gründe werden die immer größer werdenden Versorgungsengpässe, vor allem in der hausärztlichen Versorgung, genannt. Im Zuge dessen sollen insgesamt 18 Notfallpraxen im Land geschlossen werden, darunter auch der Standort Ettlingen. Die Schließung der Ettlinger Notfallpraxis ist für den November diesen Jahres vorgesehen. Laut dem Konzept der KVBW sollen Bereitschaftspraxen künftig nur noch in Anbindung an eine Klinik bzw. eine Notaufnahme betrieben werden, in jedem Stadt- und Landkreis soll es demnach noch mindestens eine Praxis geben. Das Konzept sieht vor, dass 95 Prozent der Bevölkerung (gerechnet auf jeden Stadt- und Landkreis) in maximal 30 PKW-Fahrminuten und 100 Prozent der Bevölkerung in maximal 40 PKW- Minuten eine Bereitschaftspraxis erreichen können sollen. Auf dieser Grundlage ist aus Sicht der KVBW der Praxisstandort Ettlingen künftig entbehrlich, da die Praxis nicht an einem Krankenhaus angegliedert ist und gleichzeitig die Erreichbarkeit anderer Bereitschaftspraxen wie z.B. in Karlsruhe oder Bruchsal für die Bevölkerung grundsätzlich gegeben wäre. Lediglich der Fahrdienst für die medizinisch erforderlichen Hausbesuche soll unverändert aufrecht erhalten bleiben. Als „Auffangpraxis“ für die bisherigen Ettlinger Patientiennen und Patienten ist die Bereitschaftspraxis am Karlsruher Klinikum vorgesehen. Um die zusätzlichen Bedarfe abdecken zu können, sollen dort zusätzliche Kapazitäten in Form von erweiterten Öffnungszeiten und mehr Ärzten bereitgestellt werden. Nach anhaltenden Protesten gegen eine Schließung, hat sich Stadt Ettlingen zwischenzeitlich einer Klage von 13 betroffenen Kommunen gegen die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg beim Sozialgericht Stuttgart angeschlossen.