Baumschule im Schwetzinger Schlossgarten Pilotprojekte im ganzen Land
Ettlingen/Stuttgart. Die Wetterkapriolen 2025 haben gezeigt: der Klimawandel kann übers Jahr am selben Ort sehr unterschiedlich ausfallen. Mal regnet es kurzzeitig zu viel, mal wochenlang zu wenig. Die Ettlinger Sprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe Barbara Saebel MdL (Grüne) sieht hoffnungsvolle Ansätze bei der Bekämpfung von Klimawandelfolgen in den Liegenschaften der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG). Der Klimawandel ist insbesondere am Oberrhein in den historischen Schlossgärten unübersehbar, sei es durch herabfallende Äste, Astkürzungen oder gar Fällungen von jahrzehntealten Großbäumen.
„Ein Verlust der historischen Gärten als Kulturdenkmal, als Erholungs- und Begegnungsort, als Ökosystem und wichtiger Klimafaktor in der Stadt wäre fatal. Deshalb werden gerade vielfältige Ansätze ausprobiert.“ SSG haben 2022 bis 2024 nicht nur im von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt „Handlungsstrategien zur Klimaanpassung: Erfahrungswissen der staatlichen Gartenverwaltungen“ mitgearbeitet, sondern in den letzten Jahren auch von den Erkenntnissen profitiert. Die für Kulturliegenschaften des Landes zuständige Saebel hatte die Finanzierunganträge dazu gestellt und zieht eine positive Bilanz.
Deutschlandweite Zusammenarbeit bringt neue Ansätze
Dank vieler Fraktionsinitiativen von Saebel in den letzten Jahren können in Pilotprojekten diese neuen Ansätze ausprobiert werden. So wird das aus dem Städtebau stammende Prinzip der Schwammstadt bei Baumpflanzungen nach dem Stockholmer Modell auf der Freifläche des Parkrestaurants im Schlossareal Rastatt getestet. Die in Folge eines Unwetters 2021 entwurzelte 170-jährige Sommerlinde und eine benachbarte Kastanie werden ersetzt und künftig über ein unterirdisches Niederschlagswassersystem versorgt. Nach dem Stockholmer Modell soll nun mit grobem Steinmaterial, ergänzt mit Kompost und Pflanzenkohle die Wasserspeicherkapazität des Standortes erhöht werden. Die komplexe Planung wartet zwar noch auf die wasserrechtliche und denkmalrechtliche Genehmigung ,soll aber noch dieses Jahr umgesetzt werden.
Bereits positiv getestet wurde bei der Sanierung eines Weges im Park von Schloss Favorite der Zuschlagstoff „Stabilizer“. Bei einem Abschnitt mit erhöhtem Gefälle wurde das vorgesehene Wegebaumaterial damit versetzt. Nach zweijähriger Nutzung gibt es keine Beanstandungen infolge von Starkregenereignissen. Aufgrund dieser positiven Erfahrung sollen nun auch in anderen Anlagen der SSG mit steileren Wegeabschnitten und entsprechenden Schäden bei Starkregen Wegebaumaterial mit Stabilizer versetzt werden.
mit der katalanischen Botschafterin beim Setzen von Sämlingen Ergänzend zur im Schwetzinger Schlossgarten seit 2021 laufenden Versuchsreihe von Baumsämlingen aus trockeneren Gebieten wie Katalonien oder Ostpolen wurden erste Versuchsexperimente mit der Ansaat eigener Bäume in Tonröhren zwischenzeitlich verstetigt und in der Dammanzucht ähnlich dem Spargelanbau weiter kultiviert. Ein neuartiges Airpot-System regt durch Löcher in den Außenwänden der Pflanzgefäße ein weit ausgefächertes Wurzelwerk an – existentiell für eine Wasserversorgung in trockenen Zeiten. In der am historischen Standort wieder neu aufgebauten Baumschule hat sich zudem die Tröpfchenbewässerung als effiziente und wassersparende Methode bewährt.
Kombinierte Forschungsergebnisse aus der Bodenökologie und dem Naturschutz werden bei zwei Großeichen am UNESCO-Kloster Maulbronn umgesetzt, indem man denkalkhaltigen Boden durch gezielte Eisen-Chelatdüngungen verbessert. Auch der artenarme Standort der vor dem Eingangsportal befindlichen ikonischen Friedenslinde wurde über die Ansaat tiefwurzelnder Kräuter, Tröpfchenbewässerung und das Abmähen und Abdecken der Ansaat angegangen. Die dann freien Wurzelkanäle im Boden sorgen für bessere Wasseraufnahmefähigkeit und Bodenbelüftung. Diese Methode hat sich mit ca. 1.000 - 3.000 Euro pro Baum als besonders effizient und kostengünstig erwiesen.
Klimawandel in der Öffentlichkeitsarbeit
Zur Sommersaison 2026 wird im Schwetzinger Schlossgarten eine Outdoor-Ausstellung zum Thema „Klimawandel in historischen Gärten und Parks“ geplant. Bereits jetzt im Programm ist die Sonderführung „Naturvermittlung: Von der Krone bis zur Wurzel“, die Besucherinnen und Besuchern anschaulich erläutert, wie der Baumbestand vom Klimawandel betroffen ist. Ein Rundgang mit Baumsachverständigen, der erstmalig im September 2025 stattfand, soll wegen des Erfolgs regelmäßig angeboten werden, um die Bürger über die Klimawandelfolgen und die Gegenmaßnahmen zu informieren.